Biografie

Die Lebensgeschichte Stirnimanns zwischen Taufbuch und Totenregister

Biografie des Kunstmalers Friedrich Stirnimann

Wer der Lebensgeschichte des Kunstmalers Stirnimann nachgeht, ist mit einem aufwändigen Unterfangen konfrontiert. Man ist aufgrund der spärlichen Überlieferung genötigt, in detektivischer Kleinarbeit nach Mosaiksteinchen zu recherchieren und diese zu einem fragmentarischen Ganzen zusammenzufügen. Die neu entdeckten Briefe Stirnimanns erlauben immerhin die Skizzierung einzelner biografischer Momente. Zu anderen Aspekten seines Lebens ist praktisch nichts bekannt.

 

Friedrich «Fritz» Stirnimanns Kindheit und Jugendjahre

Auch intensive Recherchen brachten nur wenig mehr zum Leben des jungen Stirnimann zu Tage, als was die verschiedenen Nachrufe im ‹Luzerner Tagblatt›, im ‹Vaterland› und im ‹Eidgenossen›[1] festgehalten hatten.

Gemäss dem Taufbuch der Pfarrei Ettiswil wurde Friedrich, genannt «Fritz», Stirnimann am 17. Mai 1841 in Ettiswil geboren.[2] Seine Eltern, der Ettiswiler Johann Anton Stirnimann (1795–1870) und die aus Knutwil (LU) stammende Anna Maria Kaufmann (1808–1894), hatten insgesamt 12 Kinder, von denen jedoch nur sechs die Geburt bzw. die früheste Kindheit überlebten.

Die Familie wohnte «in dürftigen Verhältnissen»[3] im Moos (heute Ausserdorf)[4] in Ettiswil. Die Einnahmen aus der Landwirtschaft vermochten die Familie nicht zu ernähren, weswegen der Vater gezwungen war, einem Nebenerwerb als Lederhändler nachzugehen.[5] Der junge Fritz absolvierte schon vor dem vorgeschriebenen Alter die Primarschule in Ettiswil, die – wie das ‹Vaterland› festhielt – «nach seiner Ansicht nicht viel taugte»[6] und war anschliessend während zweieinhalb Jahren an der Bezirksschule im benachbarten Grosswangen, «wo er zu den besten Schülern zählte»[7].

Nach der Schulzeit war Fritz gerade auch mit Rücksicht auf die in bescheidenen Verhältnissen lebenden Eltern gezwungen, etwas zu «lernen und sein Brot selbst zu verdienen.»[8]

Sursee und Stans: Stirnimanns erste Erfahrungen als Maler

Folgt man dem Nachruf im ‹Vaterland›, kam Stirnimann im Alter von etwa 16 Jahren (1857) zum Dekorationsmaler Franz Sales Amlehn[9] in Sursee als Anstreicher in die Lehre. Parallel dazu versuchte Stirnimann offenbar, sich als Autodidakt im Zeichnen auszubilden, wobei ihm «der Meister, so gut er es selbst verstand, an die Hand ging.»[10]

Ob der im ‹Vaterland› genannte Zeitpunkt stimmt, ist indes fraglich: Amlehn kehrte nämlich erst im Jahr 1858 von seinem Studienaufenthalt an der medizinischen Fakultät in Bern nach Sursee zurück. Hier begann er nun, sich einer künstlerischen Laufbahn zuzuwenden. Seit dem Schuljahr 1859/60 war Amlehn zudem als Zeichenlehrer an der sogenannten Zeichnungsschule in Sursee tätig[11] Ob und wann Stirnimann tatsächlich bei Amlehn eine Ausbildung genoss und in welcher Form diese stattgefunden hat, ist nach heutigem Kenntnisstand nicht zweifelsfrei belegbar.

Stirnimann kam anschliessend «einige Zeit nach Stans, um nach Deschwanden zu kopieren»[12]. Melchior Paul von Deschwanden (1811–1881)[13] war die zentrale Figur der schweizerischen Kirchenmalerei des 19. Jahrhunderts, ein «wahrer Heiligenbilderproduzent»[14]. Viele seiner Bilder wurden durch Reproduktionen in alle Volksschichten und bis nach Übersee verbreitet.[15]

Junge Kunstberufene zog es nach Stans, um unter der Führung des berühmten Deschwanden eine Ausbildung anzutreten. Die jungen Künstler durften Deschwanden periodisch in seinem Atelier besuchen, um ihm ihre Werke zur Begutachtung vorzulegen.[16] Zu diesen Schülern gehörte also eine gewisse Zeit lang – wohl um 1860 herum – auch Stirnimann. Da Franz Sales Amlehn mit Deschwanden freundschaftliche Beziehungen pflegte[17], ist es übrigens denkbar, dass jener Stirnimann an den berühmtem Kirchenmaler vermittelt hat.

Stirnimann an der Kunstakademie in Karlsruhe

Im Jahr 1861 wagte Stirnimann als junger Kunststudent den Schritt ins Ausland. Das bei Deschwanden verdienten Geld ermöglichte ihm einen Studienaufenthalt in Karslruhe im Grossherzogtum Baden.

Hier konnte er in den 1860er Jahren seine künstlicherische Ausbildung an der Grossherzoglichen Kunstschule (später Grossherzoglich-Badische Akademie der Bildenden Künste) fortsetzen und Bekanntschaften mit anderen Kunstmalern schliessen. [Mehr zu Stirnimann in Karlsruhe...]

Weitere Etappenorte im In- und Ausland

Wo sich Stirnimann nach Beendigung seiner Ausbildung in Karlsruhe aufhielt, ist nicht lückenlos nachzuweisen. Neben seinen eigentlichen Wohnorten in Ettiswil und (später) Luzern belegen die Quellen Aufenthalte des Künstlers in Paris, München, Basel und Baden.

Paris: Académie Julian

Von Stirnimanns Pariser-Zeit war zunächst nur die im Schweizerischen Künstler-Lexikon enthaltene Information unbekannter Provenienz bekannt, wonach er «bei Julien»[18], also an der im Jahr 1868 gegründeten Académie Julian, Unterricht genossen haben soll. Meyer-Sidler geht – allerdings ohne Quellenangabe – davon aus, dass Stirnimann nach 1866/67 in Paris geweilt haben muss.[19]

Im Verlaufe der Recherchen stellte sich heraus, dass Stirnimann sich mit Sicherheit (auch) im Jahr 1882 in Paris aufgehalten haben muss. Dies zeigt ein Brief aus Paris, den er 1882[20] an die Schötzer Kirchenbaukommission schreibt: «Paris ist theuer u. die edle Kunst verlangt nicht nur Fleiss u. Arbeit, auch baares Geld.» Stirnimann unterzeichnet mit «Art-peintre».

«Paris ist theuer u. die edle Kunst verlangt nicht nur Fleiss u. Arbeit, [sondern] auch baares Geld.»

Friedrich Stirnimann in einem Brief aus Paris, 1882

Als Adresse gibt er «p.a Crampon 10 rue de la sorbonne 10» im Quartier Latin an, das traditionell als Künstler- und Intellektuellen-Viertel gilt. Was Stirnimann zu dieser Zeit in der französischen Kapitale gemacht hat, ob es sein erster oder ein erneuter Paris-Aufenthalt war und wie lange er gedauert hat, konnte bisher nicht geklärt werden.

München: Akademie der Bildenden Künste

München war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts neben Paris das bedeutendste Kunstzentrum Europas. Angezogen von der Akademie der Bildenden Künste, den Kunstausstellungen sowie dem Renomee einzelner Malerpersönlichkeiten, waren im Zeitraum 1850–1900 so viele Schweizer Künstler für einen temporären Aufenthalt in der Isarstadt, dass München auch schon als «‹künstlerische Hauptstadt› der Deutschweiz» bezeichnet wurde.[21]

Wann genau Stirnimann in die Bayrische Hauptstadt zog ist zwar unklar. Die Matrikelbücher der Akademie der Bildenden Künste in München[22] zeigen aber, dass er 1872 als Student in der Klasse des Historienmalers Johann Schraudolph (1808–1879) eingeschrieben war.[23]

«Wegen Krankheit meiner Schwester mußte ich schon am ersten März von München zurückkehrn.»

Friedrich Stirnimann in einem Brief aus Ettiswil, 1872

Es ist davon auszugehen, dass Stirnimann nur kurze Zeit in München weilte und unmittelbar nach seiner Aufnahme an der Kunstschule am 20. Februar 1872 wieder in seine Heimat zurückkehrte. Den Grund dafür – eine Erkrankung seiner Schwester Maria Josefa – erwähnt Stirnimann in einem Brief vom 7. April 1872: «Gestern bekam ich Ihren Brief vom 4. März von einem Freund in München zugeschickt, der selben am Ausstellfenster in der Academie zu sich nahm. Wegen Krankheit meiner Schwester mußte ich schon am ersten März von München zurückkehrn.»[24] Auf die Frage, ob Stirnimann später wieder nach München zurückkehrte, geben die verfügbaren Quellen keine Antwort.

Basel: Stückelberg und Böcklin

Dem kurzen Aufenthalt in München folgte in den Jahren 1872/73 ein Engagement Stirnimanns in Basel. Neu entdeckte Briefe belegen ausserdem, dass Stirnimann Kontakte mit dem Basler Kunstmaler Ernst Stückelberg pflegte.

Die in einem Nachruf behauptete Freundschaft Stirnimanns mit dem Künstler Arnold Böcklin hingegen lässt sich basierend auf den ausgewerteten Quellen nicht erhärten. [Mehr zu Stirnimann in Basel...]

Baden: Kunstsibirien und Broterwerb

Zumindest vorübergehend war Stirnimann auch in Baden tätig. So hält er im November 1887 fest:

«Schon seit einiger Zeit bin ich wieder in Baden, so in einer Art von Kunstsibirien; sonst wäre das schöne Leben leidlich. Ich male Portrait, schön fein, meistens nach Photographien v. lb. Verstorbenen, Stük für Stük à 100 Fr & verdiene so redlich mein Auskommen.»[25]

Die Frage, wieso sich Stirnimann offenbar mehrmals in Baden aufgehalten hat, konnte bisher nicht beantwortet werden.

Interessant ist aber Stirnimanns Aussage zum Entstehungskontext seiner Bildnisse: Beim Porträtieren von verstorbenen Personen macht der Maler zwar keine künstlerischen Fortschritte und zeigt sich diesbezüglich auch wenig ambitioniert. Hingegen scheint er damit in einer finanziell einträglichen Kunstnische tätig zu sein und sich über seinen Broterwerb zu freuen. Dies erstaunt insofern nicht, als dass 100 Franken pro Porträt ein stolzer Betrag ist: Laut dem historischen Geldwertrechner ‹Swistoval› entsprechen die 100 Franken heute, je nach Berechnungsart, 1'281 bzw. 5'160 Franken.[26]

Familiäre Sorgen

Ein zentraler und verhältnismässig gut dokumentierter Aspekt in Stirnimanns Biografie sind die familiären Sorgen, die den Künstler sein Leben lang begleiteten.

Aus ganz persönlicher Sicht schildert Stirnimann, wie sehr ihn die gesundheitlichen und sozialen Probleme seiner Familie prägen und bedrücken. Und darüber hinaus zeigt er auf, «daß es unter solchen Umständen mit der Kunst nicht sonderlich vorwärts geht»[27]. [Mehr zu Stirnimanns familiären Sorgen...]

Stirnimann als Kirchenmaler: Geldquelle oder künstlerische Herausforderung?

Ab den frühen 1870er-Jahren erstellte Stirnimann verschiedentlich religiöse Malereien für kirchliche Auftraggeber.

Von Appenzell bis Seedorf, von der Erstellung eines Einzelbildes bis zum Grossauftrag für die Pfarrkirche in Ettiswil: Die Kirchenmalerei war – wohl eher aus finanziellen Aspekten als aus künstlerischer Perspektive – ein wichtiges Standbein für Stirnimann.

Noch heute sind Kirchenmalereien Stirnimanns der Öffentlichkeit zugänglich, etwa in den Pfarrkirchen von Schötz (LU) oder Romoos (LU). [Mehr zu Stirnimann als Kirchenmaler...]

Vom Land in die Stadt - von Ettiswil nach Luzern

1883 verlegte Stirnimann sein Wohndomizil von Ettiswil in die Stadt Luzern. Als mögliche Gründe für seinen Umzug vom Luzerner Hinterland in die Stadt nennt Meyer-Sidler die grössere Kundschaft in Luzern, Stirnimanns Kontakte zu bekannten Persönlichkeiten und die Gesellschaft zu gleichgesinnten Künstlern.[28]

Das Adressbuch von Stadt und Kanton Luzern aus dem Jahr 1883 gibt als Wohnadresse des Neuzuzügers den Obergrund 508c an.[29] Später wohnte Stirnimann an der Hitzlisbergstrasse 16 (1890–1901) und von April 1901 bis zu seinem Tod im August desselben Jahres an der Winkelriedstrasse 7.[30]

Leider ist auch von Stirnimanns Leben in Luzern kaum etwas überliefert. Immerhin ist nachweisbar, dass er Mitglied der Kunstgesellschaft Luzern war: In einem Verzeichnis von 1898 wird er seit 1891 als Mitglied der Gesellschaft aufgeführt.[31]

«Famoser Porträtist» von Luzerner Persönlichkeiten

Stirnimanns Bezug zu Luzern lässt sich auch an den zahlreichen von ihm porträtierten Persönlichkeiten aus der Stadt ablesen, worunter einige recht bekannte Gesichter zu finden sind.

So schuf er Porträts von Luzerner Künstler-Kollegen wie den Landschaftsmalern Jakob Joseph Zelger (gemalt 1882)[32] und Jost Meyer-am Rhyn (1883)[33] oder vom Militär- und Tiermaler Josef Clemens Kaufmann (ohne Jahresangabe)[34]. Auch der Banquier Georges Mayr von Baldegg-Schwytzer (1875)[35], der Luzerner Amtsstatthalter Carl Meyer (1894)[36], sowie die beiden Politiker Alfred Steiger-Barth (Grossrat, Grossstadtrat und Stadt-Luzerner Finanzdirektor, vor 1898)[37] und Ludwig Pfyffer von Altishofen-Balthasar (u.a. Luzerner Stadtpräsident, vor 1898)[38] gehören zu den prominenten Luzernern, die von Stirnimann abkonterfeit wurden und so dessen Ruf als «famoser Porträtist»[39] mitbegründet haben.

Seine Porträts knüpfen dabei «an die dunkeltönigen Werke der Schulen von Düsseldorf, Karlsruhe und München an (Vautier, Des Coudres, Franz von Lenbach).»[40] 

In diesem Zusammenhang ist interessant, dass Stirnimann auch «eines der raren Innerschweizer Familienporträts des späteren 19. Jahrhunderts»[41] erstellt hat: Gemeint ist das um 1890 zu datierende Bildnis der Familie Jost und Angélique Meyer-am Rhyn, auf welchem insgesamt 14 Personen vom Säugling bis zur Schwiegermutter porträtiert sind.[42]

Stirnimanns Werke im öffentlichen Raum in Luzern

Einige wenige Spuren seines künstlerischen Schaffens hinterliess Fritz Stirnimann auch im öffentlich zugänglichen Raum in der Stadt Luzern.

St. Peterskapelle (Kapellkirche)

So malte er auf der Reuss-seitigen Aussenfassade der St. Peterskapelle – auch bekannt als Kapellkirche – den Einsiedler Niklaus von Flüe. Eine Darstellung desselben ist schon auf dem Martini-Plan von 1597 bezeugt. Das Wandbild wurde mehrmals übermalt und im Jahr 1883 von Stirnimann neu erstellt.[43]

‹Feer-›/‹Bossard-Haus› Weggisgasse 40

Im Rahmen der 1880 durchgeführten Renovation des sogenannten ‹Feer›- oder ‹Bossard-Hauses› an der Weggisgasse 40 in der Luzerner Altstadt wurde die Hausfront mit Malereien im Stil der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts versehen.

Ausgeführt wurden diese Arbeiten von Albert Benz (1846–1926)[44], der die Fensterornamente malte, und von Friedrich Stirnimann, welcher die allegorischen Figuren ausführte. Dieses Altstadt-Haus wurde nach einer längeren Kontroverse im Jahr 1914 abgerissen.[45]

Kilbi-Tafelbilder für die Bierhalle zur Eintracht

Im Jahr 1891 schliesslich schuf Stirnimann mit der Kirchweih im Kanton Luzern eine elf Tafeln umfassende Bilderreihe «von besonderem Wert für die Luzerner»[46], wie das ‹Luzerner Tagblatt› festhielt. Auf den Kilbi-Bildern wird musiziert, getanzt, Wein abgefüllt, gerauft und getrunken.

Als «Zierde, wie sie origineller in keiner anderen Schweizerstadt sich vorfindet»[47] hing dieser im Auftrag einer Brauerei erstellte Bilderzyklus ursprünglich in der ehemaligen ‹Bierhalle zur Eintracht› an der Hertensteinstrasse 32 in Luzern – dort, wo sich aktuell ein McDonald’s befindet. Die Bilder, welche als eines der Hauptwerke[48] Stirnimanns gelten, befinden sich heute im Schalander der Brauerei Eichhof/Heineken in Luzern.[49] Detailliertere Informationen sind im Exkurs zu Stirnimanns Kilbi-Zyklus zusammengestellt.

Krankheit und Tod: «Ich liege in Ettiswil an Astma krank»

Meyer-Sidler hält in seiner Stirnimann-Biografie – allerdings ohne Quellenangabe – fest: «Stirnimann war sein ganzes Leben lang Depressionen unterworfen. Himmelhoch jauchzende Tage wechselten mit äusserst düsteren ab. Zweifellos war dies eine erbliche Belastung.»[50] Angesichts der skizzierten Krankheiten seiner Geschwister liegt dieser Schluss sicherlich nahe.

«Stirnimann war sein ganzes Leben lang Depressionen unterworfen. Himmelhoch jauchzende Tage wechselten mit äusserst düsteren ab.»

Eugen Meyer-Sidler

Darüber hinaus quälte Stirnimann längere Zeit ein «Brustleiden», wie den Nachrufen im ‹Vaterland› oder im ‹Eidgenossen› zu entnehmen ist.[51] Er selbst notierte im Mai 1898 auf einer Postkarte an Carl Brun[52]: «Ich liege in Ettiswil an Astma krank»[53]. Ob Stirnimann schon mit dem nahenden Tod rechnete, als er sein um das Jahr 1900 herum geschaffene Selbstbildnis unter dem aufschlussreichen Titel ‹Es will Abend werden› im April 1901 im Zürcher Börsensaal ausstellte?[54]

Die Frage ist nicht zu beantworten; spätestens Anfang 1901 scheint er aber tatsächlich nicht mehr mit einer Genesung gerechnet zu haben. Das lässt sich aus einem Brief herauslesen, den er an die Gottfried Keller-Stiftung sandte, um derselben Bilder aus seinem Werk zum Kauf anzubieten:

«Es ist noch eine Triebfeder, die mich dazu veranlaßt u. die liegt in meiner Krankheit. Schon mehrere Jahre bin ich Astmatiker u. folgedeßen stellt sich die Wassersucht (Oedem) ein. Fast jede Nacht habe ich mehr odr. weniger starke Anfälle u. von Zeit zu Zeit schwellen Hände u. Füsse an. Wenn man, wie ich schon sagen hörte, nicht gern von Lebenden erwirbt, so bin ich ja nicht mehr so recht lebend, wenigstens für die Arbeit nicht, u. würde von Herzen gern darauf verzichten, nach dem Tode berüksichtigt zu werden.»[55]

In der Nacht vom 4. auf den 5. August 1901 starb Friedrich Stirnimann an einem Herzschlag.[56]

Es war Abend geworden.