Basel: Stückelberg und Böcklin

«... nach Basel möchte ich jets ums Leben gern kommen»

Stirnimanns Beziehungen zu Basel

Ernst Stückelberg

Anhand verschiedener Quellen ist nachzuweisen, dass sich Fritz Stirnimann bisweilen in Basel aufhielt beziehungsweise Kontakte in der Stadt am Rheinknie pflegte. So etwa zum Basler Historien-, Porträt- und Genremaler Ernst Stückelberg (1831–1903), der u.a. auch die berühmten Fresken der Tellskapelle am Urnersee schuf.[1] In dessen Nachlass im Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft (SIK-ISEA) konnte ein Konvolut von insgesamt sieben Briefen identifiziert werden, die Stirnimann in den Jahren 1872–1887 an den «Herrn Dr. Stükelberg»[2] geschrieben hat.[3] Deutlich erkennbar wird darin Stirnimanns Wunsch, von Stückelberg als Schüler angenommen zu werden: «Unter Ihre gütige Leitung nach Basel möchte ich jets ums Leben gern kommen»[4], vermerkt er etwa in einem Brief vom 10. August 1872. Da Stückelberg einem angesehenen Patriziergeschlecht entstammte und sein Werk bei Zeitgenossen auf Anerkennung stiess, konnte die von Stirnimann angestrebte Bekanntschaft mit dem Basler «nur Nobilitierung in künstlerischer und gesellschaftlicher Hinsicht bedeuten», wie der Kunsthistoriker Franz Zelger erläutert.[5]

«Unter Ihre gütige Leitung nach Basel möchte ich jets ums Leben gern kommen».

Brief Friedrich Stirnimann an Ernst Stückelberger, 1872

Den Kontakt zwischen Stirnimann und Stückelberg hatte eine Drittperson vermittelt, wie Stirnimann selbst festhält: «Es war schon jahre lang mein sendlichster Wunsch, bei Ihnen wenigstens einige Studien-Köpfe malen zu können; aber leider kannte ich Sie persöndlich nicht u. wuste gar nicht, wie das ankehren, bis sich jets mein lb. Keller darum annimmt, ohne es mir vorher zusagen»[6]. Bei besagtem Keller handelt es sich um Fritz Keller, vermutlich ein Sohn der «Keller-Pfarrerfamilie in Zofingen»[7], zu welcher Stirnimann gute Beziehungen gepflegt zu haben schien.

Stirnimann in Basel 1872/73

Einer weiteren Briefpassage ist zu entnehmen, dass Stirnimann ab Herbst 1872 in Basel eine Arbeit zu verrichten hatte und dafür geeignete Räumlichkeiten auftreiben musste:

«Weil es mir scheint, daß das gesehene Atelier, troz dem guten Willen, nicht so schnell zu bekommen ist, so möchte ich Sie fragen, ob ich vieleicht besser thäte, wenn ich vorlaufig in Basel ein größeres Zimmer suchte, um die Arbeit anzufangen»[8]?

Um welche Art von Arbeit es sich hierbei handelte und ob er dieselbe für Stückelberg ausführte, liess sich nicht klären. Aufgrund eines Eintrages in der Basler Einwohnerkontrolle ist hingegen klar, dass Stirnimann tatsächlich vom 2. Oktober 1872 bis zum 12. April 1873 in Basel wohnhaft war.[9] Im Februar 1873 ist die in unmittelbarer Nähe zum Basler Münsterhof gelegene Freiestrasse 41 seine aktuelle Wohnadresse.[10]

Arnold Böcklin

Ob Stirnimann auch mit dem aus Basel stammenden Kunstmaler Arnold Böcklin (1827–1901)[11] bekannt war, ist ungewiss. Fraglich scheint zumindest der Hinweis im ‹Luzerner Tagblatt›, welcher Böcklin «als ehemaligen Studiengenossen und Freund»[12] Stirnimanns bezeichnet. Es findet sich nämlich laut dem Böcklin-Experten Dr. h.c. Hans Holenweg in der gesamten Literatur zu diesem Kunstmaler keine Erwähnung Stirnimanns. Auch die überlieferten Dokumente zur Affäre Böcklin› deuten keineswegs auf eine nähere Beziehung zwischen Stirnimann und Böcklin hin. Dass sich die beiden gekannt haben und einander in Basel auch begegnet sind, ist nach Holenwegs Einschätzung aber durchaus denkbar.[13]

Referenzen


[1] Vgl. Helbling Regine, Stückelberg Ernst [1998], SIKART; Muheim Hans, Tellskapelle/Tellsplatte, e-HLS. – Vgl. dazu auch Zelger Franz, Die Fresken Ernst Stückelbergs in der Tellskapelle am Vierwaldstättersee, Schweizer Heimatbücher 159, Bern 1972; Zelger Franz, Heldenstreit und Heldentod. Schweizerische Historienmalerei im 19. Jahrhundert, Lizenzausgabe Ex Libris, Zürich 1975.

[2] Brief Friedrich Stirnimann [Baden] an Ernst Stückelberg, 20. November 1887 (SIK-ISEA).

[3] Vgl. dazu den Abschnitt Briefe, in welchem die Briefe integral wiedergegeben werden.

[4] Brief Friedrich Stirnimann [Ettiswil] an Ernst Stückelberg, 10. August 1872 (SIK-ISEA).

[5] Vgl. Abschnitt Interview Prof. em. Franz Zelger.

[6] Brief Friedrich Stirnimann [Ettiswil] an Ernst Stückelberg, 20. Juli 1872 (SIK-ISEA).

[7] Brief Friedrich Stirnimann [Ettiswil] an Ernst Stückelberg, 10. November 1874 (SIK-ISEA). – Vgl. auch Brief Friedrich Stirnimann [Ettiswil] an Ernst Stückelberg, 20. Juli 1872 (SIK-ISEA). – Gemeint ist die Familie des reformierten Pfarrers Johann Heinrich Keller (1802–1876) in Zofingen. Bei Fritz Keller handelt es sich nach Angaben im Zofinger Kirchenbuch der Geburten vermutlich um Johann Friedrich Keller, geboren am 2. Juli 1841. Mitteilung Cécile Vilas (Stadtbibliothek Zofingen), 30. November / 3. Dezember 2009. Vgl. dazu auch Weber Rudolf, Die Pfarrer der reformierten Kirchgemeinde Zofingen seit 1528, in: Zofinger Neujahrsblatt 62 (1977), S.7–52, hier: S. 36–37.

[8] Brief Friedrich Stirnimann [Ettiswil] an Ernst Stückelberg, 10. August 1872 (SIK-ISEA).

[9] Vgl. Einwohnerkontrolle Einwohnergemeinde Basel (StABS).

[10] Vgl. Brief Friedrich Stirnimann [Basel] an Leonz Widmer (Pfarrer in Fislisbach), 2. Februar 1873 (Pfarreiarchiv Fislisbach). – Zur «Freien Strasse» in Basel vgl. Habicht Peter, Strassengeschichten. 1: Die Freie Strasse. In: Blog des Staatsarchivs Basel-Stadt. 23. April 2017.

[11] Vgl. Paucic Sandi, Böcklin Arnold [2004], SIKART.

[12] Luzerner Tagblatt, 20. Dezember 1901. – Vgl. dazu auch den Nekrolog im Luzerner Tagblatt, 8. August 1901: Stirnimann sei «auch einige Zeit in Basel» gewesen, «wo er von Böcklin und Stückelberg zu profitieren hoffte».

[13] Mitteilung Dr. h.c. Hans Holenweg, 11. November 2009.